Kohl und Klio

DSC_6068Wir Zinnfigurensammler aus Schleswig-Holstein haben nicht nur ein Faible für die kleinen Figuren, wir sind auch ausgesprochen reiselustig. So beließen wir es in diesem Jahr nicht bei unserer traditionellen Himmelfahrtstour, es kamen zwei weitere Tagesfahrten nach Dithmarschen hinzu: Zunächst im Juli eine Dämmerfahrt auf der Eider, im September folgte ein Kohlessen im Rahmen der Dithmarscher Kohltage. Während beider Ausflüge genossen wir herrliches Wetter.
Der Juli-Ausflug begann mit einem Brunch, zu dem uns SF Steffi Sandtmann anlässlich ihres Geburtstages eingeladen hatte. Nach einem köstlichen, in aller Ruhe eingenommenen Mahl starteten wir am frühen Nachmittag unser Programm. In Dithmarschen kommt man um zwei Themen nicht herum: Die Schlacht bei Hemmingstedt und Kohl. Somit war der Nachmittag ausgefüllt, ehe uns am Abend Uwe Paulsen vom Bargener Fährverein mit vielen Informationen und Anekdoten über die Eider schipperte. Aber eins nach dem anderen.
Dithmarschen nimmt in zwei Punkten eine Sonderstellung ein: Zum einen ist der Landkreis zwischen Eider, Elbe, Nord-Ostsee-Kanal und Nordsee das größte zusammenhängende Kohlanbaugebiet Europas, zum anderen blickt der Landstrich auf eine lange Republikgeschichte zurück.
Mehr als 80 Millionen Köpfe werden hier jährlich geerntet. Der Wesselburener Hubert Nickels betreibt in seiner Heimatstadt das so genannte Kohlosseum. Es birgt neben einem Kohl-Museum Nickels Kraut-Werkstatt. Hier stellt er allerlei Produkte aus dem Gemüse her: Sauerkraut, Salate, sogar Schnaps und Salbe. Ein interessantes Ziel für unsere Sammlergruppe. In einer kurzweiligen Vorführung erläuterte „Krautmeister“ Nickels Wissenswertes über Inhaltsstoffe und Verarbeitungsmöglichkeiten des Kohls – Verkostung inklusive.
Anschließend ging es nach Hemmingstedt. Hier besiegten die Dithmarscher Bauern am 15. Februar 1500 das überlegene Heer es dänischen Königs Johann I. und verteidigten so ihre Freiheit. Dithmarschen war eine selbstverwaltete Bauernrepublik, ein politisches System ohne Aristokratie. Das gab es im Mittelalter nur noch in ähnlicher Form in der Schweiz. Folglich war auch die Gedenkstätte in Hemmingstedt ein lohnenswertes Ziel, zumal es hier auch ein großes Diorama mit plastischen Zinnfiguren gibt.
Nach so viel geistiger Nahrung genossen wir am Eiderufer zunächst einen Grillabend des Bargener Fährvereins, der den Fährbetrieb ehrenamtlich leistet. Aufs Leckerste gestärkt ging es auf die mit einem Elektromotor ausgerüstete Fähre. Lautlos glitten wir über die Eider. Nur die Erläuterungen und Geschichten von Fährmann Uwe Paulsen und seinem Kompagnon unterbrachen die Stille, allerdings auf sehr willkommene Art. An der Eider wurden wir übrigens von einem SAT1-Kamerateam gefilmt. Das Ergebnis findet man auf:
http://www.hamburg.sat1regional.de/verschiedenes-video/article/sommer-bei-uns-die-idylle-der-eider-region-an-land-und-zu-wasser-150986.html

es wird dunkel auf der Eider
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Mitte September dann die Kohltage. Auch hier ging dem abendlichen Anlass der Fahrt ein Nachmittagsprogramm voraus. Zunächst führte uns Hans-Jürgens Löbkens durch die im 12. Jahrhundert gebaute Lundener St.-Laurentius-Kirche und zeigte uns den Geschlechterfriedhof, in dessen Gruften im Mittelalter wohlhabende Familien bestattet wurden. Eine Gruft konnten wir besichtigen. Es ist der einzige Friedhof dieser Art in Dithmarschen. In die jüngere Vergangenheit entführte uns Martina Köster im Blanken Hans. Im dem Büsumer Sturmfluten- und Küstenschutzmuseum wird an die Sturmfluten etwa aus dem Jahr 1962 erinnert. Weitere Themenbereiche sind unter anderem Müll im Meer oder Ölförderung im Wattenmeer. Somit mangelte aus auch während unseres zweiten Dithmarschen-Tages nicht an geistigem Futter, dem eine ausgiebige Zuwendung zu Kohlgerichten vielerlei Art im Frestedter Kastanienkrug folgte. Bei den unterschiedlichsten Kohlvariationen ließen wir den dritten September-Sonnabend gemütlich ausklingen.

Test/Photos: Henning Voß