Der Übergang nach Alsen am 29.06.1864

DSC_6496Das abgebildete Diorama stellt die Landung der preußischen Truppen auf der zum dänischen Gesamtstaat gehörenden Insel Alsen am 29.06.1864 dar. Dieses Ereignis leitete das Ende des Deutsch-Dänischen Krieges ein.

Dieser hatte im Februar desselben Jahres begonnen. Die Ursachen sind nur im Zusammenhang mit der politischen Situation im damaligen Europa, in dem sich die Nationalstaaten gerade bildeten, zu erklären und sollen hier nur kurz angeschnitten werden. Der dänische Gesamtstaat bestand aus dem eigentlichen Königreich Dänemark sowie aus den Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg, wobei der dänische König in Personalunion gleichzeitig deren Herzog war. Schleswig und Holstein wurden seit dem Vertrag von Ripen 1460 als politisch eigenständige, aber fest miteinander verbundene Staatsgebilde behandelt („Up ewig ungedeelt“). Die beiden südlichen Landesteile waren Mitglied des Deutschen Bundes, Schleswig aber nicht. Nach der schleswig-holsteinischen Erhebung 1848-50, die mit einer Niederlage der (deutschen) Schleswig-Holsteiner endete, wurde der vor dem Kriege bestehende Status als “Gesamtstaat“ unter Mitwirkung der damaligen europäischen Großmächte erneut festgeschrieben. Das Parlament und die Regierung in Kopenhagen wollten 1863 durch eine neue Verfassung das Herzogtum Schleswig direkt dem Staatsgebiet angliedern. Diese wurde am 13. November 1863 beschlossen, zwei Tage später starb König Friedrich VII. Nachfolger als Herzog sollte Christian IX. von Glücksburg werden, aber in den Herzogtümern und in Teilen des deutschen Bundes sympathisierte man mit dem eigentlich erbberechtigten Herzog Friedrich VIII. von Augustenburg. Dieser wurde von mehreren Staaten des deutschen Bundes anerkannt.

DSC_6506 Auf die Annahme der Verfassung reagierte der Deutsche Bund mit der Ausführung der Bundesexekution. Truppen des Bundes sollten unter Regie der tonangebenden Großmächte Preußen und Österreich den alten Status wiederherstellen. Die militärische Leitung oblag Preußen, im Hintergrund zog das politische Genie Otto von Bismarck als preußischer Ministerpräsident die Fäden. Dieser erkannte die Chance, die sich Preußen durch diesen Krieg bot. Die dänische Armee war mit ca. 43000 Mann aufgestellt, die Verbündeten boten 82000 Mann auf, davon jeweils 35000 Mann Österreicher und Preußen, diese Zahlen änderten sich aber im Laufe des dann folgenden Krieges zugunsten einer größeren Truppenstärke der Preußen. Letztere hatten die militärische Gesamtleitung.

Der am 01. Februar 1864 beginnende Krieg verlief von Anfang an ungünstig für die dänische Seite. Lauenburg und Holstein wurden kampflos geräumt, Schleswig sollte aber unter allen Umständen gehalten werden durch eine Verteidigungslinie nördlich von Flensburg, mit den Düppeler Schanzen als starke militärische Festungsanlage. Hier sollte die Verteidigung so lange aufrechterhalten werden, bis die anderen europäischen Großmächte den Deutschen Bund zum Einlenken zwingen würden, so die Hoffnung der dänischen Regierung. In der Zeit vom 17. März bis zum 18. April kam es zur bis dahin in der Kriegsgeschichte beispiellosen mörderischen und verheerenden Beschießung der Düppeler Schanzen mit schwerer Artillerie („Krupp-Kanonen“) durch die Preußen. Nach deren Erstürmung zogen sich die verbliebenen dänischen Armeeeinheiten auf die Insel Alsen zurück, diese liegt nordöstlich der Flensburger Förde, nur wenige Kilometer dem Festland vorgelagert. Fast 50 % der Verteidiger von Düppel waren tot, verwundet oder gefangengenommen worden. Eine Atempause bekam das angeschlagene dänische Heer durch den durch die Londoner Konferenz ausgehandelten Waffenstillstand vom 12. Mai.

Die Konferenz begann bereits am 20. April, Teilnehmer waren fünf europäische Großmächte, der Deutsche Bund, Dänemark und als Nachbarstaat Schweden. Es gab unterschiedliche Ansichten über die zukünftige Grenze, wobei Dänemark auf eine Linie Eckernförde-Friedrichstadt bestand. Die Konferenz scheiterte letztlich an der unbeugsamen Haltung Dänemarks. Diese Haltung führte aber nicht nur zur Wiederaufnahme des Krieges am 27. Juni, sondern auch zu einer politischen Isolation Dänemarks im Kreise der Konferenzteilnehmer.

Nun hatte Preußen freie Hand. Der Oberbefehl der Armee ging vom 80-jährigen Generalfeldmarschall Wrangel – der alte Soldat hatte schon fünfzig Jahre vorher noch unter Blücher gegen Napoleon gekämpft – auf den preußischen Prinzen Friedrich Karl über, mit dem strategischen Genie Helmut von Moltke als Stabschef. Anfang Juni waren die dänischen Truppen auf drei verschiedene Orte konzentriert, darunter auch auf der Insel Alsen, wo 12.000 Mann unter dem Kommando von General Steinmann standen. Die auf dem gegenüberliegenden Festland stehende preußische Armee unter dem Kommando des Prinzen war doppelt so stark. Die Österreicher waren übrigens nicht dabei, sie wurden an den anderen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Am 02. Juni gegen 02.00 Uhr begann das Landeunternehmen mit Hilfe von 600 Booten. Die kleine preußische Flotte wurde nicht eingesetzt, da deren Aufmarsch den Gegner alarmiert hätte, man wollte ihn überrumpeln. Das Unternehmen war bereits während des Waffenstillstands durch das II. preußische Korps des Generals v. Bitterfeld sorgfältig vorbereitet worden, mit der Absicht, es sofort nach dessen Ende umzusetzen. Die für die Landung vorgesehenen Boote waren vorher in den nahen Wäldern entlang der Küste versteckt worden, auch Kavallerie und Artillerie sollten so über den Alsensund geschafft werden.

DSC_6512 DSC_6514 Das in der Nähe befindliche dänische Panzerschiff „Rolf Krake“ wurde während der Landung mit 24-pfündiger Artillerie erfolgreich auf Distanz gehalten und konnte diese nicht verhindern. Das hier vorgestellte Diorama zeigt, wie die ersten Truppen die vollbesetzten Boote verlassen und an Land waten, das Übersetzen dauerte DSC_6515ca. eine Viertelstunde.

Die Dänen leisten Widerstand, müssen aber der Übermacht weichen und sich zurückziehen. Die Strandbatterien fallen in die Hände der Preußen. Auch das Grauen des Krieges wird durch die fallenden bzw. verwundeten Soldaten gezeigt. Nach dem Kriege wurde das in der DSC_6516zeitgenössischen Literatur allerdings dem Zeitgeist entsprechend verschwiegen, im Gegenteil, das Unternehmen und die preußischen Befehlshaber wurden u. a. durch Heldengedichte glorifiziert. Die Preußen tragen, wie auch auf zeitgenössischen Bildern dargestellt, ihre Feldmützen („Kleiner Dienstanzug“) und nicht die bekannte Pickelhaube wie in späteren Kriegen, obwohl sie schon seit Jahren Bestandteil der Heeresuniform war.

Im weiteren Verlauf kam es zu blutigen Gefechten. Gegen 08:00 Uhr nahmen die Preußen auf Alsen die Stadt Sonderburg ein, um 09:00 wurde die Verfolgung der Dänen dann abgebrochen. Der Großteil der dänischen Truppen konnte somit per Schiff auf die große Nachbarinsel Fünen in Sicherheit gebracht werden. Die Dänen verloren insgesamt 3092 Mann, davon wurden ca. 2500 gefangengenommen, die Preußen 378. (Eine andere Quelle nennt 3200 bzw. 372 Mann).

Der Krieg selbst endete erst am 20. Juli mit einer dänischen Niederlage, besiegelt durch den Wiener Friedensvertrag vom 30. Oktober 1864. Im Vertrag von Gaastein vom 20. August 1865 wurde festgelegt, dass Preußen zukünftig Schleswig verwalten sollte, Österreich Holstein. Lauenburg fiel gegen eine finanzielle Abfindung an Preußen. Der Gesamtstaat existierte nicht mehr. Die Österreicher wollten den Augustenburger Erbprinzen nun als Herzog einsetzen, doch Bismarck verfolgte andere Pläne. Die beiden ehemaligen Waffenbrüder entzweiten sich immer mehr, der Grundstein für den folgenden Krieg 1866 war gelegt…

Verwendete Literatur: Johs. Nielsen, Der Deutsch-Dänische Krieg 1864
Winfried Vogel, Entscheidung 1864
Wilhelm Sager, Heere zwischen den Meeren, Heeres- und Kriegsgeschichte Schleswig-Holsteins

Text: Rolf Ehlers-Maaßen
Photos: Henning Voß