(Zinnfigurenserie von Alfred Retter †, Stuttgart)
Hintergrund der Sage „Die treuen Weiber von Weinsberg“
Man schrieb das Jahr 1140, als der Stauferkönig Konrad III. im Krieg mit dem Bayerischen Herzog Welf VI. lag. Konrads Heer zog im Spätherbst vor die Burg Weinsberg auf dem Burgberg über der gleichnamigen freien Reichsstadt und belagerte sie, denn die Weinsberger Bürger waren dem Bayern treu ergeben. Am 21. Dezember 1140 kam es zur offenen Feldschlacht mit dem zum Entsatz heraneilenden Welfenheer. Nach dem Sieg des Stauferkönigs konnte Welf VI. nur knapp entkommen. Es drohte den Belagerten nach einigen Wochen der weiteren Belagerung eine Hungersnot, aber noch immer waren diese nicht bereit, aufzugeben und zu kapitulieren.
Konrad war sehr erzürnt über diesen Widerstand und drohte, am nächsten Morgen die Festung einzunehmen und allesamt, Besatzung wie Bürger, zu töten. In der Nacht vor dem Sturm schlich sich eine junge Weinsbergerin ins feindliche Lager, um Konrad um Schonung zu bitten. Weil die junge Frau auch recht hübsch anzusehen war, ließ sich der König gnädig stimmen und gewährte mit königlichem Edelmut allen Weibern, vor der Eroberung die Burg zu verlassen und dabei mitnehmen zu dürfen, was sie tragen konnten. Die Frauen aber, ebenso auf die Treue zu ihren Männern wie auf die Rettung der Übrigen bedacht, ließen die Besitztümer stehen.
Am nächsten Morgen staunte der König nicht schlecht, denn durch das Burgtor den Berg herab kam ein langer Zug von Frauen, und eine jede trug ihren Mann auf dem Rücken. Da musste der König über die List der Frauen lächeln, und als sein Neffe Herzog Friedrich Einspruch erheben wollte, dass man solches geschehen lasse, sagte er: „Lasst sie in Frieden ziehen. Am Wort des Königs soll man nicht drehen und deuteln!”
Die Frauen wurden als Treue Weiber von Weinsberg bekannt, und die Burg kam aufgrund dieser Begebenheit zu ihrem Namen „Weibertreu“ (vermutlich jedoch erst im Laufe des 18. Jahrhunderts).
Die Burg ist am Ostersonntag 1525 im Bauernkrieg von den aufständischen Bauern erobert und zerstört worden, aber ihre Ruine heißt heute immer noch „die Weibertreu”. Obwohl diese Begebenheit als Legende oder Sage definiert ist, soll es jedoch fundierte historische Belege für dieses Ereignis geben. Wie dem auch sei, die Geschichte der Treuen Weiber ist erstmals in der um 1175 oder 1200 entstandenen Kölner Königschronik erwähnt. Sie scheint dann über Jahrhunderte in Vergessenheit geraten zu sein. Erst um 1500 brachte Johannes Trithemius, Abt des Klosters Sponheim, die Geschichte, die er vermutlich in der Kölner Königschronik entdeckt hatte, wieder in Erinnerung, indem er sie in die Hirsauer Chronik und später in die Hirsauer Annalen aufnahm. Von dort gelangte sie in die Weltchronik des Johannes Nauclerus, die 1516 gedruckt wurde. Die Treuen Weiber erschienen damit zum ersten Mal im Druck und wurden, da das Werk mehrere Auflagen erlebte, in gebildeten Kreisen rasch bekannt. Die Historiker konnten die Geschichte in den zunächst folgenden Jahrhunderten zwar bis zur Kölner Königschronik zurück verfolgen, aber darüber hinaus weder sicher belegen, dass sie sich tatsächlich so ereignet hatte, noch, dass sie nur eine phantasievolle Ausschmückung des Kölner Chronisten sei.
Streng genommen handelt es sich aber bei der Weibertreubegebenheit gar nicht um eine Sage, denn die Geschichtsforschung ist sich heute einig, dass das, was am 21. Dezember 1140 in Weinsberg geschah, Tatsache ist. Zwei Jahre zuvor war der Staufer Konrad III. mit Einwilligung des Papstes zum König des Heiligen Römischen Reiches gekrönt worden. Die Gegenpartei der Welfen wollte das nicht akzeptieren. Nach langen Auseinandersetzungen kam es kurz vor Weihnachten 1140 vor der damals welfischen Festung Weinsberg zu der bereits erwähnten Entscheidungsschlacht. Welf VI. unterlag, die Burgbesatzung und die Flüchtlinge aus der Umgebung, die sich in die Burg zurückgezogen hatten, mussten sich danach ergeben. In ihrer Verzweiflung appellierten die Besiegten an die königliche Gnade Konrads III. Was nun der Staufer den Weinsberger Frauen gewährte, war damals gängige Praxis.
Allerdings durften in allen anderen Fällen auch die Männer mit ihrer persönlichen Habe abziehen.
Zu den Zinnfiguren
Zu einem Konvolut, welches die Berliner Zinnfiguren (Offizin Scholtz) vor Jahren antiquarisch angeboten haben, lautete der Text: „Die Frauen retten was ihnen das Liebste ist – ihre Männer,
schön schattiert bemalte Zinnfiguren, extrafeine Bemalung, Maßstab 30 mm, Zinnlegierung 55% Zinn 39% Blei 6% Antimon, 12 Teile, Epoche Mittelalter“.
Die Serie war allerdings nicht vollständig, es fehlten die Figuren der Belagerer einschließlich des Königs. Die beiden tanzenden Paare (1. Reihe) gehörten jedoch nicht zu dieser Serie von Alfred Retter.
Ein weiteres Konvolut mit 15 Figuren, welches 2024 von den Berliner Zinnfiguren angeboten wurde, enthielt nun die Figuren der Belagerer aus der Serie, neben einigen passenden Figuren anderer Hersteller, in ebenfalls extra feiner Bemalung.
Der Landesbildungsserver Baden-Württemberg ist die Standard-Plattform des Landes im Umfeld Schule. Er wird vom Landesinstitut für Schulentwicklung im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport betrieben und weiterentwickelt.
Interessant ist, dass diese Plattform im Zusammenhang mit dem Portal Landeskunde, Landesgeschichte ein Foto eines Dioramas mit den Retterfiguren im Internet zeigt, welches in dem Weibertreumuseum Weinsberg aufgenommen wurde. Diese Abbildung ist z. B. über Google-Suche „Zinnfiguren die Weiber von Weinsberg“ (dann Reiter „Bilder“, dann „B8“) aufrufbar, aber wohl nicht gemeinfrei verwendbar.
Heute sind die Figuren der Retter-Serie bei der Offizin Dangelmaier zu beziehen, da Herr Dangelmaier die Formen der ehem. Offizin Retter übernommen hat. Die Serie umfasst 6 Gruppen mit Frauen, die ihre Männer tragen, 3 Fußfiguren Kinder, 2 Fußfiguren (Mann und Frau uneinig) und 1 abgestellter Beutel, 2 Reiterfiguren (König und Bannerträger), 6 gewappnete Fußfiguren, 1 Kombinationsfigur ungewappnet zu Fuß, insgesamt 21 Teile (darunter viele weitere Kombinationsfiguren).
Die vorstehende Abbildung stammt aus einer Tafel der Offizin Wilken. Diese Figuren sind antiquarisch zum Verkauf angeboten worden und gehören heute zur Sammlung des Verfassers.
Gerriet Stenvers
Quellen:
Seite „Burgruine Weibertreu“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. Dezember 2023, 23:00 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Burgruine_Weibertreu&oldid=239799465 (Abgerufen: 23. Februar 2024, 22:33 UTC)
Seite „Sagen und Legenden – Die Weiber vom Weinsberg“, https://www.baden-wuerttemberg.de/de/unser-land/traditionen/sagen-und-legenden/die-weiber-von-weinsberg
Seite „Weinsbergs Geschichte“, https://www.weinsberg.de/startseite/geschichte/
Ulrich Maier, „Die Sage von der Weinsberger Weibertreu und das Weibertreumuseum in Weinsberg“, Arbeitskreis für Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart
Seite „Konrad III. (HRR)“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 10. April 2023, 17:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Konrad_III._(HRR)&oldid=232663285 (Abgerufen: 24. Februar 2024, 17:26 UTC)
Seite „Welf VI.“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. März 2023, 11:04 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Welf_VI.&oldid=231604275 (Abgerufen: 25. Februar 2024, 17:37 UTC)
Alle Einzelfiguren zu der ehem. Retterserie findet man auch in der Zinnipedia: “erweiterte Suche” + Anlass: “Retter” + Serie: “Weinsberg”