von Zulus attackiert

Napoléon Eugène Prinz Imperial, von Zulus attackiert 1879 – Eine tragische Episode aus den Zulukriegen
zulu

Napoléon Eugène Louis Jean Joseph Bonaparte, der kaiserliche Prinz von Frankreich, wurde am 16. März 1856 im königlichen Tuilerienpalast in Paris geboren, als einziges Kind des Kaisers Napoleon III. und der Kaiserin Eugénie de Montijo. Kaiser Napoleon I. war sein Großonkel. Hineingeboren in eine Familie mit militärischer Tradition, wurde er sofort als Grenadier eingeschrieben, und als er neun Monate alt war, wurde er dem Ersten Kaiserlichen Garderegiment zugeteilt. Um 1870 erhielt der Prinz seine Feuertaufe, als er, mit vierzehn Jahren, am – militärisch sinnlosen – Gefecht von Saarbrücken teilnahm.
Die Niederlage der Franzosen gegenüber den Preußen und ihren Verbündeten in der Schlacht von Sedan am 2. September 1870 leitete das Ende des Französischen Kaiserreiches ein. Der Prinz und seine Mutter gingen nach England ins Exil, sein Vater kam nach seiner Haftentlassung nach. Der Kaiser war mehr als sieben Monate im Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel inhaftiert. Ironie der Geschichte: Das Schloss hatte seinem Onkel Jerome Bonaparte, dem von Napoleon I. eingesetzten König von Westfalen, zeitweise als Residenz gedient, der Neffe hatte ihn damals dort besucht. 1871 aber waren die glanzvollen Zeiten vorbei und die Familie wohnte in Camden House in Chiselhurst, Kent. Mit Erlaubnis der Königin Viktoria wurde der Prinz als Kadett in der Militärakademie in Woolwich aufgenommen. Sein politischer Status verwehrte ihm die Teilnahme am aktiven Dienst in der Britischen Armee, aber er durfte in die Royal Horse Artillery (RHA) eintreten.
Napoleon III. starb 1873, und mit 26 Jahren wurde der Prinz das Oberhaupt der Bonapartisten in Frankreich. Der Bonapartismus war trotz des Rücktritts des Kaisers und Einsetzung einer Republik in Militär- und Beamtenkreisen immer noch weit verbreitet. Dessen Bedeutung ebbte erst in den Jahren nach 1880 ab, wohl auch eine Folge des Todes des Prinzen. Der junge Mann lehnte eine politische Rolle aber ab und kehrte nicht nach Frankreich zurück, sondern begann eine Europareise.
Nach Großbritannien zur Armee zurückgekehrt, interessierte er sich sehr für die Schlachten während des Zulukrieges, namentlich für die – verlorene – Schlacht von Isandlwana und die Schlacht von Rorke’s Drift.  Napoléon Eugène setzte gegen den Willen seiner Mutter durch, dass er als Freiwilliger in die Provinz Natal (heute KwaZulu-Natal) in Südafrika fuhr, wo er Ende März 1879 in Durban an Land ging. Die Briten teilten dem Franzosen eine Artillerieabteilung zu. Hier sollte er, mit dem Status eines Leutnants, doch ohne Rangabzeichen an der Uniform, Vermessungsarbeiten vornehmen.
In dieser Zeit kaufte Napoléon Eugène einen Hengst mit dem Namen Percy. Der Verkäufer, Mr Meyrick Bennett, ließ ihn dabei wissen, dass Percy zur Reizbarkeit neige. Der Prinz reiste zum britischen Lager nahe des Städtchens Utrecht, wurde dort dann mit der Anfertigung von Zeichnungen beschäftigt. Ihm wurde erlaubt, sich Oberstleutnant Redvers Bullers Kavallerie anzuschließen und diese auf zwei Erkundungsritten in das Zululand zu begleiten. Seinen englischen Kameraden fiel dabei auf, dass er eine unbekümmerte, leichtsinnige Art an den Tag legte. Dennoch durfte der Prinz  im weiteren Verlauf des Feldzugs gegen den mächtigen Zulukönig Cetshwayo an der zweiten britischen Invasion des Zululands unter dem  Oberbefehlshaber Lord Chelmsford teilnehmen. Hintergrund des Feldzugs war die sukzessive Annexion Südafrikas durch die Briten. Dadurch gerieten sie in eine gefährliche Nachbarschaft zu den Zulus. Davor, bereits 1838, hatten sich die Zulus mit den Buren („Voortrekker“) die Schlacht am Blood River geliefert. Die Buren nannten die Zulus übrigens „Kaffern“. Die Zulus waren eine eingeborene, kriegerische große Nation und boten Tausende von Stammeskriegern auf. Das bedeutete für den High Commissioner von Südafrika, Sir Bartle Frere, ein Hindernis beim Aufbau einer Konföderation von weißen Staaten im südlichen Afrika. So provozierten die Briten einen blutigen Krieg. Trotz des Sieges von Isandlwana waren die Zulus gegenüber der technisch und logistisch weit überlegenen Britischen Armee letztlich chancenlos.
Der Unglückstag für den kaiserlichen Prinzen war der 1. Juni. Prinz Louis begleitete Leutnant Carey und sieben berittene Soldaten auf einem Aufklärungsritt tief hinein in das Zululand. Lord Chelmsford wusste davon nichts, er wähnte den ihm anvertrauten prominenten Schützling sicher im Camp. Gegen 12.30 Uhr erreichte Careys kleiner Trupp einen Höhenrücken, der den Fluß Ityotyozi überragt. Die Soldaten sahen in der Ferne einen verlassenen Kral. Um 15 Uhr befahl der Prinz, trotz Careys Bedenken, in den Kral hineinzureiten und dort eine Kaffeepause einzulegen. Der Kral war verlassen, doch das Gras stand hoch. Heiße Asche in den Lagerfeuern und die Anwesenheit von Hunden deuteten darauf hin, dass erst kurz vorher noch Eingeborene anwesend waren. Die Männer aber machten es sich bequem, rauchten und kochten Kaffee. Weder Posten wurden aufgestellt, noch kamen sie auf die Idee, vorher die Umgebung zu erkunden. Um 15.30 Uhr wollte Leutnant Carey aufbrechen, aber Louis war nicht einverstanden und entgegnete, sie hätten keine Eile, er wolle erst nach zehn Minuten weiterreiten. Plötzlich näherte sich ein Zulu. Er warnte die Soldaten, dass er Krieger in der Nähe beobachtet hätte. Der Soldat Grubb konnte übersetzen. Der Prinz befahl darauf hin den sofortigen Aufbruch. Dazu mussten aber erst die herumlaufenden und grasenden Pferde eingefangen werden. Als alle bereitstanden, befahl der Prinz „Aufsitzen“. In dem Moment fiel Gewehrfeuer aus dem hohen Gras des nahen Feldes. Die Pferde scheuten, vierzig Zulus stürmten aus dem Gras, laut ihren Schlachtruf „Usuthu“ rufend.
Bereits sehr viele Zulukrieger waren mit Gewehren bewaffnet, die Standardwaffe war allerdings der von dem energischen König Shaka, dem Gründer des Großreiches, konstruierte Kurzspeer mit großer Klinge, der Assegai. Den meisten Soldaten gelang es, irgendwie aufzusitzen, doch Soldat Abel war im Rücken getroffen und glitt wieder vom Pferd herunter. Auch Soldat Rogers schaffte es nicht, er ging hinter eine Hütte in Deckung und versuchte, seinen Karabiner neu zu laden. Der Rest des Trupps entkam – ohne auch nur einen Schuss abzufeuern – in Richtung eines Donga, so heißt ein tiefer Graben in der Zulusprache. Als der Prinz aufsitzen wollte, scheute Percy. Das Pferd preschte nach vorn und schleifte Louis ungefähr 140 Meter mit. Der Ledergurt, an dem er hing, brach und der Prinz fiel zu Boden. Als Percy weitergaloppierte, zerschmetterte ihm das Tier den rechten Arm. Der Prinz zog seinen Revolver und rannte – sich den Kriegern zuwendend – zum Donga. Ein Zulu, später als Langalibalele identifiziert, warf einen Speer und traf seine Hüfte. Der Prinz zog den Assegai her und ging mit gezogenem Revolver auf Langalibalele zu – diese Szene zeigt die kleine Zinnfigurenserie. Langalibalele duckte sich hinter einem Krieger namens Zabonga, der einen Speer tief in des Prinzen linke Schulter schleuderte. Bonaparte versuchte, mit seiner verletzten rechten Hand zu schießen, aber er war bereits vom Blutverlust geschwächt. Die Zulus „hackten ihn in Stücke“, so die Quellen. In der Zwischenzeit war Leutnant Carey in Richtung Lager geritten, dabei beobachtete er berittene Soldaten, darunter waren Oberst Wood und Buller. Carey wurde sofort von ihnen für die Tragödie verantwortlich gemacht. Später wurde er vor ein Kriegsgericht gestellt und anschließend aus der Armee entlassen.
Am Morgen nach dem Kampf fand ein Suchtrupp die sterblichen Überreste des Prinzen und der Soldaten Abel und Rogers. Louis hatte 17 Wunden und umklammerte immer noch ein Büschel mit Zuluhaaren. Abel und Rogers wurden in dem nahen Donga beigesetzt, während der Prinz in eine Decke gehüllt zur nächsten Krankenstation gebracht wurde. Sein Körper wurde einbalsamiert und nach Durban gebracht. Am 11. Juni wurde der Leichnam eingeschifft und erreichte England am 10. Juli. Eine Woge der Entrüstung entbrannte in Frankreich, verbunden mit antibritischen Gefühlen.
Im Jahre 1880 besuchte die Mutter des Prinzen, Kaiserin Eugénie, die Stätte seines Todes, begleitet von Oberst Wood. Ein Steinkreuz, gestiftet von Königin Viktoria, wurde aufgestellt. Auch trafen sie den Zulu Zabonga, der ihnen von des Prinzen Tapferkeit vor seinem Tod berichtete. Langalibalele war im weiteren Verlauf des Krieges ums Leben gekommen.
Die Kaiserin pflanzte Bäume, einige sollen dort immer noch stehen. Dann verbrachte sie die Nacht kniend nahe am Kreuz. Der Prinz ruht heute neben seinen Eltern in einem eigens von der Kaiserin errichteten Mausoleum in England. Für die Zulus war der Krieg durch die Schlacht bei Ulundi am 4. Juli 1879 vorbei. Etwa 20 000 Zulus unterlagen einer britischen Armee von etwa 5300 Mann. König Cetshwayo geriet in Gefangenschaft.
Zu den Zinnfiguren: Die kleine Serie besteht aus fünf Figuren, drei Zulus, den Prinzen und sein fliehendes Pferd. Graveur war Dr. Söllner, Zeichner Karl Heinrichs. Herausgeber war der erst im April 2016 verstorbene SF Helmut Zothe (siehe den Nachruf in der „ Die Zinnfigur“ Ausgabe Mai/Juni 2016, S. 117). Jetzt sind die Figuren bei SF Martin Sauter. Der Vertrieb läuft im Internet über Wilken-Zinnfiguren, im Internetshop von SF Alexander Wilken wird man fündig.
Zwei der abgebildeten Figuren wurden von den Kieler Zinnfiguren herausgegeben. Hier sind, auch übers Internet, Zulukrieger und britische Soldaten erhältlich, des Weiteren hatte Gottstein entsprechende Figuren für die Schlacht von Ulundi herausgegeben. Wo man die heute kaufen kann, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Weitere Herausgeber für die Zulukriege sind mir nicht bekannt. Die Vorlage für die Szene ist ein Gemälde. Sie finden es bei Wikipedia, wenn Sie Prinz Imperial oder den Namen als Suchbegriff eingeben. Ich selbst habe es in einem südafrikanischen Buch (s. u.) gefunden. Der Prinz trägt ein „British army patrol jacket“. Auf der gleichen Wikipedia-Seite ist auch ein Schwarzweiß-Foto des Prinzen zu sehen, wo er diese Uniformjacke trägt. Ansonsten findet man unter dem Suchbegriff diverse Abbildungen davon im Netz.

Quellen:
Ken Gillings, Twenty Significant Historic Battles of KwaZulu- Natal
Die französische Zeitschrift „Tradition Magazine“, Nummer 239, Sep/Okt 2008
Krog/ Krannich, Otto Gottstein und der Beginn der kulturhistorischen Zinnfigur
Dr. Egon Krannich, Kieler Zinnfiguren I und II (zwei Bände)
Internet-Recherchen
DVD „Zulu“ mit Michael Caine, authentischer, spannender Film um die Schlacht von „Rorke’s Drift“, guter Einstieg in das Thema, gedreht in Natal 1964