Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz besichtigt sein Reiterdenkmal im Gießhaus zu Düsseldorf 1711

Allgemeines

Wer war eigentlich Johann Wilhelm von der Pfalz, der auch volkstümlich „Jan Wellem“ genannt wurde? Am 19. April 1658 in Düsseldorf geboren und am 8. Juni 1716 dort verstorben, entstammte er der jüngeren Neuburger Linie der Wittelsbacher. 
Er war seit 1679 als Johann Wilhelm II. Herzog von Jülich und Berg und ab 1690 auch Erztruchsess des Heiligen Römischen Reiches, Kurfürst von der Pfalzgrafschaft bei Rhein (Kurpfalz) und Pfalzgraf-Herzog von Pfalz-Neuburg. In zweiter Ehe heiratete er am 29. April 1691 per Stellvertreter in Florenz die Prinzessin Anna Maria Luisa de’ Medici (1667–1743), Tochter des Großherzogs der Toskana Cosimo III. de’ Medici und seiner Frau Marguerite Louise d’Orléans. Die Ehe mit dem Kurfürsten blieb kinderlos.

Doppelbildnis des Kurfürsten und seiner Gemahlin Anna Maria Luisa
(Gemälde von Jan Frans van Douven, 1708, gemeinfrei)

Aufgrund des Pfälzer Erbfolgekrieges residierte Johann Wilhelm nicht in der zerstörten Residenzhauptstadt Heidelberg, sondern im Düsseldorfer Schloss, damals Residenz der Herzogtümer Jülich-Berg und Hauptresidenz des kurpfälzischen Territorialverbandes.

Zum Reiterdenkmal

1695 wurde der Bildhauer Gabriel Grupello, der zwar nicht adlig war, sich aber dennoch de’ Grupello nannte, vom Kurfürsten an den Hof nach Düsseldorf als Hofstatuarius berufen. Hier schuf er zahlreiche Bildwerke des Herrscherpaares aus Marmor und Bronze und war für die Überwachung von Handwerkern zuständig, die an den kurfürstlichen Schlössern arbeiteten. Im Jahre 1708 schenkte ihm Johann Wilhelm das im Jahr 1706 erbaute Haus am Marktplatz 3. Hier befanden sich unter anderem die Werkstätten und das Gießhaus Grupellos, in dem auch das Reiterstandbild entstand. Dieses wurde von Grupello 1703 begonnen und 1711 auf dem Düsseldorfer Marktplatz errichtet.

Denkmal als Zinnfigur

Zur Zinnfigurenserie

Die ehemalige Vollrath-Serie ist bis heute bei der Offizin Ochel erhältlich. Die Gravuren der Formen schuf seiner Zeit H. G. Lecke nach Zeichnungen von Mano Winter. Die Serie besteht aus 14 Typen wie folgt:

Foto: Verfasser

1. Reihe (von links nach rechts):
JW1- Kurfürst Johann Wilhelm (Jan Wellem)
JW2- Kurfürstin Anna Maria Luisa, geborene Prinzessin de Medici
JW3- Bildhauer Gabriel de’ Grupello
JW4- Leibmädchen der Kurfürstin mit Schirm
JW5- Franz Georg Graf zu Manderscheid-Blankenheim, Kammerherr, Trabantenhauptmann und Comtur zu Neuburg
JW6- Adam Graf Diamanstein, Obristkämmerer und Obriststatthalter der Oberpfalz 2. Reihe (von links nach rechts):
JW7- Freifrau von Hochstedten, Fräulein-Hofmeisterin
JW8- Freifrau von Elmpt, Obristhofmeisterin
JW9- Gießmeister
JW10- Der Düsseldorfer Gießerjunge
JW11- Trabant der kurfürstlichen Schweizer Garde 3. Reihe (von links nach rechts): Denkmal „Jan Wellem“
JW12- zwei Arbeiter an einer Winde
JW12a- Flaschenzug

Serie Bild 2

Bemalungsangaben zur Jan Wellem – Serie

Die Denkmalsfigur, im Original 4 m hoch (ohne den Sockel), ist genau auf Zinnfigurenmaß reduziert. Das Denkmal ist im unbearbeiteten Zustand braun – rot – golden zu bemalen. Es ist keine Bronze, sondern ein so genannter Sondermessing. Der Kurfürst trägt einen reichen Galarock, der beliebig bemalt werden kann. Wer ihm Orden zufügen will, nimmt besonders die Insignien des Hubertus-Ordens, vierzackiger, weißemaillierter Stern in der Art eines Johanniter-Kreuzes. Auf den Spitzen sitzt je eine goldene Kugel. In der Mitte des Sterns Darstellung der Begegnung des Hubertus in Gold auf grünem Grund. Darum ein rotes Band mit den Ordensinsignien ” in traw vast” (in Treue fest), Das Ordensband ist rot mit grünem Rand. Auch den Orden des Goldenen Vlieses, goldener Widder an rotem Band, könnte der Kurfürst getragen haben. *) Die Kurfürstin und die Damen tragen die Hoftracht der Zeit um 1700, schwere gestickte oder in Mustern gewebte Stoffe. Das Obergewand mit einem vorn aufgerafften langen Rock, teilweise mit Schleppe, ist farblich auf das Untergewand abgestimmt. Töne: schwarz-braun, gold-ocker, aber auch rot ist möglich. Im Haar trugen die Damen die so genannte Fontange, ein aus gestärkter Spitze bestehendes Mützchen, um das die Haare in Locken herumgewickelt sind. Damals kam die Sitte auf, Schönheitspflästerchen zu tragen – nicht nur eines, sondern zwei oder drei. Die Damen trugen alle Handschuhe ohne Finger und Spitzenfächer. Die Herren trugen Hofkleidung; die Perücken in blond oder braun. Der Schweizer Trabant trägt ein rotes Wams und ebensolche Pluderhosen, die beide mit silbernen Litzen besetzt sind. Darüber einen blauen, rot gefütterten Mantel, Knöpfe silbern, Strümpfe in weiß, Schuhe mit roter Lederlasche, Hut mit rot-weißer Plumage. Die Type JW 5 kann als Trabantenhauptmann ähnlich bemalt werden: blauer Rock, rot gefüttert, rote Weste und Hose, weiße Strümpfe, Knöpfe gold. Die Gruppe JW 12 kann mit dem Flaschenzug JW 12 a, den man bei einer Dioramenaufstellung an der Oberkante befestigt, durch ein Drähtchen oder eine Kordel verbunden werden.

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*)Anmerkung:
Die Beschreibung der Orden am Bande trifft evtl. auf spätere Ausführungen zu. Nach einem Gemälde von Jan Frans van Douven um 1715 trägt der Kurfürst die Orden jeweils an der betreffenden Ordenskette.

Quellen: „Johann Wilhelm (Pfalz)“, Wikipedia-Artikel im Internet; „Gabriel Grupello“, Wikipedia-Artikel im Internet; Bemalungsangaben, Textbeilage zur Zinnfigurenserie, Offizin Ochel, Kiel